Ulrike Hölter, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Ruhrgebiet Mitte
Trauerrede für Willi Hoffmeister
Willi Hoffmeister - ein toller Metaller, auf den wir stolz sind. In der IG Metall war er unter dem Namen „Friedens-Willi“ über die Grenzen Dortmunds hinaus bekannt. Ich kenne keinen Metaller, der mehr Initiative für Frieden, Antifaschismus und Freiheit in die IG Metall eingebracht hat.
Von 1947 –1950 absolvierte Willi eine Schreinerlehre. 1954 wechselte er ins Stahlwerk 2 der Westfalenhütte und war dort Produktionsarbeiter in der Gießhalle. Im selben Jahr wurde er Mitglied der IG Metall.
Willi sagte im Nachgang über die Belegschaft, zu der er ab 1954 gehörte: „Es gab eine starke, politisierte Belegschaft – das kannte ich vorher nicht.“„Der Zusammenhalt war unglaublich und sucht seinesgleichen.“ Zur Erinnerung: Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten rund 46.500 Menschen bei Hoesch in Dortmund! Ein Fünftel der in Lohn und Brot stehenden Dortmunder Bevölkerung! Die Hoeschianer waren eine selbstbewusste Belegschaft, die nicht nur für ihre eigenen Lebens-und Arbeitsbedingungen Forderungen erhoben und sie auch durchgesetzt haben. Sie waren auch politisch aktiv und durchsetzungsstark! Willi war immer dabei und oft auch vorne weg!
So wurde er 1967 als Vertrauensmann der IG Metall gewählt! Gleich 2 Jahre später gab es den Septemberstreik, der am 2. September begann. Ein sogenannter wilder Streik, da er nicht durch die IG Metall organisiert war. Die Forderung: 30 Pfennig pro Stunde. Viele Belegschaften der Stahlindustrie folgten dem Dortmunder Beispiel der Hoeschianer. 1978 wurde Willi Betriebsratsmitglied. In seine Zuständigkeit fiel der Sozialbereich mit Abteilungen wie Kantine, Werksschänke und Bücherei.Damals gab es 16 Einzelkantinen mit unterschiedlichen Schicht-und Urlaubsplänen und Willi betreute diesen Bereich. Willi sagte damals: „Allein unter Frauen – ob ich das überlebe?“ Willi setzte sich dafür ein, dass sich auch die Frauen an den Streiks und Demonstrationen beteiligten. Damals ein Novum! Und schon damals hatte Willi recht! Nur zusammen sind wir stark!
Sabine Birkenfeld, ehemalige Betriebsratsvorsitzende der tkSE AG, erinnert sich: „Das war schon ein Wespennest. Die vielen Frauen waren nicht einfach zu handhaben, aber Willi in seiner ruhigen, integrativen Art war bei den Kolleginnen total beliebt. Jede von ihnen wäre für ihn durchs Feuer gegangen. Er wollte, dass sich die Beschäftigten wohlfühlen und besuchte bei Krankheit jede/n einzelne/n Kolleg/in. Es war eine tolle Zeit, beschreibt Willi es später.Vielleicht hat ihn auch diese Zeit mit den Frauen geprägt und ihn dazu gebracht, dass er uns Kolleginnen im Gewerkschaftshaus und den Kolleginnen auf der Hütte zu jedem Weltfrauentag eine rote Nelke überreichte. Zu dieser Zeit gab es erstmals Frauen im Betriebsrat und Willi hat die Kolleginnen gleich ernst genommen. Das rechneten sie Willi hoch an.
1978/79 war er mit dabei, als die IG Metall beschloss, die 35-Stunden-Woche zu fordern!Vorausgegangen war ein starker Arbeitsplatzabbau in der Stahlindustrie. Belegschaften und IG Metall wollten dem starken Rückgang der Beschäftigung mit der Arbeitszeitverkürzung begegnen. Es folgten 6 Wochen Arbeitskampf.Ziel war es nicht, die persönlichen Lebensbedingungen zu verbessern, sondern der Massenarbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Der Erfolg kam später, aber er kam. Heute haben wir in der Stahlindustrie die 35-Std-Woche, hatten aber auch schon kürzere Arbeitszeiten, um die Arbeitsplätze zu sichern.
Der Einsatz der Hoeschianer bei politischen Themen macht uns bis heute stolz. So auch Willi, als er z.B. berichtete, dass unzählige Kollegen in die Schlosserstraße marschiert sind, um gemeinsam zu verhindern, dass die rechtsextreme (später verbotene) „Freiheitliche Arbeiter Partei“ (FAP) ihr Parteibüro eröffnen konnte. Da machten die Hoeschianer dem heute unter SS-Siggi bekannten Sigfried Borchardt einen dicken Strich durch die Rechnung! Gut so!
Aufgrund seines vehementen Engagements zu diesen Themen brachte er sich auch aktiv ins Bündnis Dortmund gegen Rechts ein. Willi‘s Herzensthemen waren: Aufstehen gegen Faschismus und Fremdenfeindlichkeit. Aufstehen für Frieden. In einem Interview mit den Nordstadtbloggern, die ein wunderbares Portrait über Willi geschrieben haben, habe ich folgendes Zitat aus den 90er Jahren gefunden:„Jede und Jeder, der nicht vollkommen blind sei, müsse doch erkennen, dass 1990 nicht der totale Frieden ausgebrochen ist, sondern Kriege, Terror und Gewalt Millionen Menschen mittlerweile zu Flüchtlingen gemacht hätten.Die Schere zwischen arm und reich öffnet sich immer weiter – der Luxus der einen ist der Tod der anderen.“ Diese Worte waren in den 90er Jahren richtig und sie sind es heute auch!
Willi hatte nicht nur gute Argumente für Frieden und Menschlichkeit, er wusste auch, wie wir das Geld, dass wir besser nicht für Rüstung ausgeben, für sozialpolitische Themen verwenden könnten.
Ich persönlich habe Willi kennengelernt, als ich Jugend- und Auszubildendenvertreterin geworden bin. 3 Jahre haben wir noch gemeinsam auf der Hütte gearbeitet, bevor er 1990 ausgeschieden ist. Aber ein aktiver Metaller ist er immer geblieben. Er war Mitglied in der Delegiertenversammlung der IG Metall Geschäftsstelle Dortmund. Er brachte Aufrufe zu Demos gegen Rechts ein, sammelte Unterschriften und Unterstützung für den Ostermarsch. Er war nie müde zu erinnern und zu mahnen, dass es wichtig ist, gegen Rechts, gegen Faschismus vorzugehen, zu motivieren, aufzustehen für Frieden. Willi richtete tolle Anträge an den Gewerkschaftstag zu Frieden, Abrüstung, Konversion. Sie erhielten bundesweite Anerkennung. Und er wollte wissen, wie es nach den Anträgen weitergeht.
Kurz gesagt: Wir sind stolz, dass Willi ein Metaller war! …. und was für einer! Deshalb haben die Dortmunder Gewerkschaften angeregt, dass Willi das Bundesverdienstkreuz erhält. Er hat überlegt, ob er es annehmen soll, aber letztendlich hat er sich dafür entschieden und sich darüber gefreut. Seine liebe Frau Hannelore sagte: „Am Ende hat Willi dafür gelebt, das Bundesverdienstkreuz entgegen zu nehmen.“ Für mich ist es die Würdigung für seinen lebenslangen Einsatz für Menschlichkeit und Frieden und die Anerkennung, die hat er sich mehr als verdient!
Wir werden Dich schmerzlich vermissen