Rede von Felix Oekentorp für DFG-VK NRW
Liebe Hanne, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Trauergäste,
viele von Euch kannten Willi länger als ich ihn kannte. Durften ihn begleiten bei seinem unermüdlichen Kampf für eine bessere Welt. Waren dabei, wie Willi schon in den 60ern am Ostermarsch teilnahm. Erlebten ihn Ende der 80er als Parteivorstand in einer schwierigen Umbruch-Situation. Wir durften schon einiges darüber hören heute von Weggefährt:innen die dabei waren.
Ich bin ihm erst Ende der 80er erstmals begegnet. Ich war an der Uni angefangen, mich friedenspolitisch zu engagieren in einem Alter wo viele von Euch schon reichlich politische Erfahrungen gesammelt haben.
Da nahm ich erstmals an den Treffen zur Vorbereitung zum Ostermarsch teil die von Willi geleitet wurden. Egal wer teilnahm, ob langjährige Mitstreiter:innen, ob Delegierte von größeren Organisationen, oder wie ich ein absoluter Neueinsteiger, jede:r wurde gleichermaßen ernstgenommen, Willi machte keine Unterschiede. Das beeindruckte mich.
Anfang 1991 dann die Beteiligung der NATO am Krieg gegen Irak. Der Ostermarsch hatte so viele Teilnehmer:innen wie lange nicht, und in Bonn gab es am 26. Januar eine wirklich große bundesweite Großdemonstration. Damals reichte unser Druck der Straße, um zumindest zu verhindern, dass deutsche Soldaten dorthin geschickt wurden, der damalige Kanzler Kohl beteiligte sich „nur“ finanziell. Willi organisierte unermüdlich die Proteste.
Nach dem Ende meines Studiums kam ich als Hauptamtlicher der DFG-VK NRW nach Dortmund. Ich war nun täglich im Langen August, um hier die Geschäfte des Landesverbandes zu führen. Das war für mich absolutes Neuland. Und ich hatte das Riesenglück, dass Willi gerade in den Ruhestand gewechselt war und häufig, also mehrmals die Woche bei mir reinschneite, und auf eine Art Anregungen gab, dass ich ein Gespür dafür bekommen konnte, welche politischen Aufgaben anstehen. Ein Lehrmeister wie man ihn sich nicht besser wünschen kann.
Wir haben viele Ostermarsch-Vorbereitungen gemeinsam vorgeplant, viel gemeinsam organisiert, und immer hatte ich den erfahrenen Friedenskämpfer dabei, von dem ich mir etwas abschauen konnte.
Als Willi Anfang 1999 Mitglied der DFG-VK wurde, tat er das ohne große Geste, ich habe es dennoch oder vielleicht gerade deshalb auch als Lob für mein Engagement aufgefasst. Willi war kein Mensch der großen Worte.
1999 nahm die NATO keine Rücksicht, nicht einmal auf Willis Geburtstag. Am Vorabend der Vollendung seines 66. Lebensjahres begann die Operation Allied Force, bei der bis Juni ein Luftboden-Krieg praktiziert wurde. Im Rahmen dieser „Operation“ wurde die chinesische Botschaft „versehentlich“ bombardiert. Willi stand im Zentrum der Proteste in Dortmund.
Wer weiß wie viele Jahre Willi sich selbstverständlich bei der Wahl des fahrbaren Untersatzes für einen Kombi entschied, meistens auch noch mit Anhängerkupplung. Nicht weil er das für seinen Kleingarten benötigt hätte, der eine Perle in der Kleingartenanlage Hansa ist, sondern weil er damit den Kram zu den vielen Infoständen des Dortmunder Friedensforums bringen „durfte“.
Perle ist ein Stichwort, bei den Pressefesten der UZ in Wischlingen gab es auch immer die „Perle vom Borsigplatz“. Einen Ort an dem v.a. Friedensveranstaltungen stattfanden, aber auch Lesungen und Konzerte, und wo es gezapftes Bier gab, meine Vorrednerin Anke verbrachte dort so manche Stunde hinterm Tresen. Willi war der erste wenn es darum ging, hier auf- und abzubauen.
Der gerade genannte Kleingarten ist ebenfalls Legende. Wie viele Treffen haben dort stattgefunden, in großer Runde mit bis zu 40 geladenen Gästen, oder auch in kleiner dreiköpfiger Runde mit der DFG-VK Bürogemeinschaft. Hier wurde die politische Großwetterlage analysiert und überlegt, wie darauf zu reagieren sei. Willi war stundenlang mit den Vorbereitungen für die Reibekuchen beschäftigt, und wir durften meistens nicht einmal beim abschließenden spülen helfen.
2008 wurde Willi 75. Aus diesem Anlass wurde er mit dem Düsseldorfer Friedenspreis ausgezeichnet. Dieser wird beim Ostermarsch verliehen, Willi stand auf der Bühne, diesmal nicht um mit einer Rede die Situation auf den Punkt zu bringen oder mit seiner Moderation andere anzukündigen sondern endlich einmal als Ausgezeichneter. Das war gut und richtig.
Dem Ruf zur Teilnahme an seiner Geburtstagsfeier am Dienstag nach Ostern folgten viele, das Wichernhaus war voll. Ein Geburtstag von Willi konnte nicht unpolitisch über die Bühne gehen. Einer der zentralen Punkte war eine Podiumsdiskussion zum Thema Frieden. Wolfgang Gehrcke, Parteivorstand der Linken versprach, die Partei werde eine Partei des Friedens bleiben. Die Linke habe 2 Standbeine, die Ablehnung dieses Hartz-4 Systems mit Repressionen und die strikte Ablehnung jeglicher Kriegsbeteiligung. Eine Festschrift zu Willis Geburtstag gab es auch mit dem Titel ‚Auf einen klugen Kopf passt kein Stahlhelm‘, und viele hatten sich daran beteiligt, Andreas Buro, Clemens Ronnefeldt, Ulla Jelpke und Horst Schmitthenner, um eine wahrlich unvollständige Liste zu nennen.
Seit 2014 macht die DFG-VK NRW alljährlich Anfang August eine Friedensfahrradtour. Die erste dieser Touren hatte auf der Tagesetappe von Hattingen nach Unna einen Zwischenstopp in Dortmund. Die Presse schreibt dazu „Gestern Mittag machten die Radler am Friedensplatz an der Friedenssäule Halt. Dabei wurden sie von Willi Hoffmeister, Vertreter des Dortmunder Friedensforums, in Empfang genommen und mit selbstgebackenen Pfannkuchen versorgt. Hoffmeister ist stolz auf das Engagement der Pazifisten. ‚Es reicht nicht, nur gegen den Krieg zu sein. Wir brauchen mehr Bewegung und das macht die Deutsche Friedensgesellschaft schon richtig gut‘, sagte er." Auch hier keine großen Worte sondern eine tolle Geste.
Wenige Tage vor seinem Tod bekam er das Bundesverdienstkreuz überreicht. Willi sah die Ambivalenz und schrieb an Jutta Reiter:
"Nachdem du mich diesbezüglich angesprochen hattest, war ich mir eine Weile nicht sicher, ob es richtig ist, dass ich diese Auszeichnung annehme!? War mein Wollen doch ein anderes Deutschland. Ein vereintes, neutrales Land ohne Militär, Rüstung und ohne alte und neue Nazis. Ein Land, in dem der Mensch und nicht das Kapital im Mittelpunkt steht. Auch wenn sich eine sozialistische Alternative zunächst erst einmal verflüchtigt hat, bin ich der festen Überzeugung, dass unsere heutige Gesellschafts(un)ordnung für alle Zeiten keinen Bestand haben wird. Für mich steht der DGB mit seinen Einzelgewerkschaften hierbei in der großen Verantwortung, als umfassende Massenorganisation entscheidenden Einfluss zu nehmen und eine friedliche, zivile Veränderung zu gewährleisten. Das wird nicht einfach werden.
Mit wie vielen gleichgesinnten Landsleuten ich in all meinen Lebensjahren gemeinsam, nicht nur, aber auch für diese Ziele gestritten habe - wer will sie zählen? Viele sind schon nicht mehr unter uns. Etliche haben den Kampf aufgegeben. So manch eine/r hat sich vor Gerichten dafür verantworten müssen - ist dafür eingekerkert worden - nicht selten von ehemaligen braunen Robenträgern.
Ich freue mich auf die Auszeichnung. Es ist für mich eine Auszeichnung auch all meiner Mitstreiterinnen und Mitstreiter vor allen aus der Friedens- und Antifaschistischen Bewegung."
So war er. Bescheiden. Geradlinig. Unbeugsam. Bei allem Schmerz über den Verlust: Wir sind dankbar, dass wir an seiner Seite sein durften.