Dem Staatsanwalt ist für seinen Mut zu danken, den sinnlosen Tod des Jungen aus dem Senegal und daran beteiligte Polizei vor Gericht zu
stellen. Es ist aber zu fürchten, dass der Versuch, polizeiliches Versagen zu be- und verurteilen, zu kurz greift und “Bewährungen” und “Freisprüche” produzieren wird.
Der Totschlag war eine Tat im Rudel – eine ganze Polizeiwache war engagiert und kollektiv beteiligt. Ein Einsatzleiter hat befohlen – ist
ihm niemand ins Wort gefallen? Zwei Polizistinnen haben Nahkampfinstrumente eingesetzt – hat keiner ihrer Kameraden Halt gerufen? Ein Waffenträger hat geschossen – hat ihm niemand die Waffe aus der
Hand gedreht?
Ein halbes Jahr wurde recherchiert, wer im Rudel mehr und wer weniger beteiligt war. Das ist gut. Aber anzuklagen ist vor allem auch die Rudelbildung selbst und ihre gedankliche und ideologische Verfassung. Polizeipräsidenten und Justizminister tragen Verantwortung, der sie nicht gewachsen sind.
Kommentar zur Nachricht, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen 5 (der 11) Polizisten erhoben hat, die den Tod des Senegalesen Mouhamed Dramé verursacht haben.
Wolfgang Richter, 17. Februar 2023