Helmut Manz


 

Hitlers größter Mist

Rheinmetalls neue Wunderwaffe

 

 

Nomen est omen. Name ist Verheißung. Was verheißt der neue Rheinmetall-Panzer KF 51 namens „Panther“? Die Antwort führt zurück in eine Zeit, in der Rheinmetall nicht „Rheinmetall“ hieß, sondern unter „Reichswerke Hermann Göring“ firmierte. Im Januar 1943 rollte mit dem Panzerkampfwagen V der erste deutsche „Panther“ vom Band. Das vielversprechende Vorbild der heutigen Wunderwaffe galt als Hoffnungsträger, der das Blatt an der Ostfront nach Stalingrad noch einmal wenden sollte.

 

Seine Feuertaufe in der Schlacht im Kursker Bogen wurde zum Desaster. Am 10. Juli 1943 – fünf Tage nach dem Beginn der deutschen Offensive – waren von 200 „Panthern“ nur noch 10 einsatzbereit. Der brandneue „Panther“ zeichnete sich nur durch eines aus: die höchste Ausfallrate aller eingesetzten Panzertypen. Hitler war maßlos enttäuscht und fällte in einer Lagebesprechung am 28. Januar 1944 das vernichtende Urteil: „Diese Drecksmaschine ist natürlich der größte Mist, der wahrscheinlich je produziert wurde.“

 

Der Führer“ konnte nicht wissen, dass „diese Drecksmaschine“ einmal bei Wikipedia glänzend rehabilitiert werden würde: „In der Nachbetrachtung gilt er (der „Panther“) trotzdem als ausgewogener, richtungsweisender Entwurf und als vielleicht bester mittlerer Panzer des zweiten Weltkrieges.“ Im Entwurf blieb der „Panther“ unbesiegt. Schuld an seiner Pannen-Performance im Felde war nicht die Rüstungsindustrie, sondern „der Zeitdruck“: „Da die Entwicklung des Panthers unter Zeitdruck geschah, wiesen die Fahrzeuge zunächst erhebliche technische Mängel und konstruktive Schwächen auf, die zum Teil nie ganz beseitigt werden konnten und ihn relativ wartungsintensiv und störanfällig machten.“

 

Der Zeitdruck war so entstanden: Am 22. Juni 1941 hatte die deutsche Wehrmacht im unerschütterlichen Glauben an die technische Überlegenheit der eigenen Panzer die Sowjetunion überfallen. Dann ereilte sie der „T-34-Schock“. Entsetzt mussten die arischen Herrenmenschen feststellen, dass „der Russe“ nicht nur auch Panzer bauen konnte, sondern sogar bessere. Nun musste auf die Schnelle ein Panzer entwickelt werden, der dem schockierenden T-34 Paroli bieten konnte. Dieser Panzer sollte der „Panther“ sein.

 

In der Nachbetrachtung“ hat er diesen Zweck sogar übererfüllt: „Die später verbesserten Produktionsreihen des Panthers (Ausf. A und G) waren dem T-34, der den Hauptausschlag für die Entwicklung des Panthers gegeben hatte, sowohl technisch als auch im Gefechtswert überlegen. Auch wenn einige Fehler bis zum Ende der Produktion nicht behoben werden konnten, überwogen die Vorteile.“ Erreicht wurde dieser bemerkenswerte Erfolg durch unermüdliche Nachbesserungen und eine am 1. Juli 1944 eingeführte verständliche Bedienungsanleitung: die mit zahlreichen comicartigen Illustrationen versehene und weitgehend in paarreimenden Versen verfasste „Pantherfibel“.

 

Qualitativ war die deutsche Panzerüberlegenheit noch vor Kriegsende hergestellt. Nur für den Endsieg kam sie zu spät. Doch auch die Sieger wussten den nachgebesserten Nazi-Panzer zu schätzen: „Der Panther wurde in seiner Ausführung G auch von den Alliierten nach dem Ende desKrieges als >> bester mittlerer Kampfwagen << aller Konfliktparteien bewertet. Die französischen Streitkräfte rüsteten unmittelbar nach dem Krieg zwei Einheiten mit erbeuteten Panthern aus.“

 

Die Grenzen zwischen Nazi-Panzer und NATO-Panzer sind fließend. Das scheint man bei Rheinmetall aus der Geschichte gelernt zu haben. Und nicht nur das: Vorstandschef Armin Papperger hatte schon vor 8 Jahren erkannt, dass wieder die Zeit für einen neuen „Panther“ heranreift. Auslöser dieser historischen Vision soll ein Panzerschock gewesen sein. Der schockierende Panzer war auch dieses Mal ein russischer: Der T-14 „Armata“

 

Das Handelsblatt vom 17.6.2022 beschreibt Pappergers T-14-Schock so: „Der stärkste Kampfpanzer Russlands hat Eindruck bei Rheinmetall-Chef Armin Papperger hinterlassen. Im Jahr 2014 – als Russland von vielen im Westen eher als Partner gesehen wurde – hatte er selbst darin gesessen. Der Armata, auch T-14 genannt, sollte mit seiner starken Bewaffnung und Panzerung die Schlachtfelder dominieren.“ Die Geschichte des gescheiterten Russlandfeldzugs drohte sich zu wiederholen! Jetzt galt es keine Zeit zu verlieren: „Schon bei seiner Rückkehr von der Russlandreise gab Rheinmetall-Chef Papperger die Entwicklung eines neuen Panzers in Auftrag, der dem Armata überlegen sein soll.“ Dass dieser Panzer wieder „Panther“ heißt, ist man sich und seiner Geschichte schuldig.

 

Pappergers „Zeitenwende“-Timing kann sich sehen lassen. Am 10.6.2022 bewilligt der Bundesrat die Rüstungskredite in Höhe von 100 Milliarden Euro. Am 13.6. präsentiert Rheinmetall auf der Pariser Rüstungsmesse „Eurosatory“ den zweiten deutschen „Panther“ der Geschichte. Noch vor dem 81. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion ist der T-14-Schock überwunden. Fünf Tage vor dem 22.6. verkündet Papperger im Handelsblatt die totale Panzerüberlegenheit: „Dem Armata ist der Panther in jeder Hinsicht überlegen, er durchschlägt dessen Panzerung.“

 

Der zweite deutsche „Panther“ ist so verheißungsvoll wie der erste. Nomen est omen.

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