Gedenken an den Dortmunder Blutsonntag am 16.10.1932

Rede von Frank Wesbeg am 16.10.2021

 

 

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Anwesende.
 

Am Sonntag, den 16.10.1932, heute genau vor 89 Jahren, ereignete sich der als Dortmunder Blutsonntag bekannte Überfall der Nordstadt durch die Nazis.

Der Westfälische Kämpfer beschrieb die Ereignisse mit folgenden Worten:

Auf den Gräbern der am 16. Oktober in Dortmunds Norden erschossenen Arbeiter wächst noch kein Gras, noch klingen die Schreie der Kinder, noch zittert in den Betrieben und Straßen die Empörung der Arbeiterschaft über den gemeinen Überfall, der am 16. Oktober unter dem harmlosen Mantel der Flugblattverteilung durch die Nazis durchgeführt wurde, nach, und schon planen sie einen zweiten Zug in den Norden ..............

 

An besagtem Tag sammelten sich 800 SA und SS Männer aus ganz Deutschland kommend im Süden Dortmunds und zogen in einem Propagandamarsch zum Nordmarkt (er hieß damals Platz der Republik).

Die braunen Uniformträger forderten damit die in der Nordstadt stark vertretene kommunistische Organisation „Kampfbund gegen den Faschismus“ und das sozialdemokratische “Reichsbanner“ heraus.

Ihr Ziel war klar:

Stärke zu zeigen und den roten Norden Dortmunds erobern.

Es kam zu der so genannten „Schlacht am Nordmarkt“ zwischen SA, Arbeitern und der Polizei. Aus den Fenstern wurden die Nazis mit allem greifbaren beworfen. Darunter Geschirr, Töpfe (teils mit noch heißem Inhalt) und Kleinmöbel. Auf den Straßen wehrten sich die Nordstädter mit Eisenstangen, Knüppeln und bloßen Handen gegen den braunen Mob. Schüsse fielen und lösten eine Schießerei aus, bei der 14 Menschen schwer verletzt und zwei unbeteiligte Anwohner getötet wurden.

Opfer dieser, aus Polizeiwaffen abgefeuerten, Kugeln wurden:

Martha Gregarek, sie war 29, parteilos, verheiratet. Sie las in ihrem Schlafzimmer in der Streckenstr. 10 ihrer kleinen Tochter eine Geschichte vor, als sie der tödliche Querschläger durch das Fenster in den Rücken traf.

Und Ernst Graberg, er wurde von der Polizei vor seiner Haustür in der Steigerstraße erschossen. Seine Witwe gab an, dass er sich Zigaretten holen wollte und ihm vom Umzug nichts bekannt war.

Nach dem Ende der Auseinandersetzungen wurden die SA-Leute wieder von der Polizei in den Dortmunder Süden geleitet. Auch lange nach der Machtergreifung durch die NSDAP konnten die Nazis nur schwer Fuß im „Roten Norden“ fassen.

 

Verantwortlich für die Genehmigung und den Einsatz war der damalige Polizeipräsident Karl Zörgiebel (SPD), der Verantwortliche für den Blutmai 1929 in Berlin.

Dort sollte das Verbot des 1. Mai durchgesetzt werden. 200.000 demonstrierende Arbeiter wurden von der Polizei beschossen. Der Terror der vom SPD-Politiker Zörgiebel kommandierten Polizei forderte 32 Tote, hunderte Verletzte, und es wurden 1200 Demonstranten eingesperrt.

Schon im Sommer zuvor terrorisierten die Nazis den Norden Dortmunds, welcher immer häufiger als Dortmunder Wedding bezeichnet wurde.

So zog Anfang Juni ein Trupp von rund 50 Nationalsozialisten mit dem Gesang des „Roten Wedding“ auf den Lippen durch die Nordstadt, um auf diese Weise ihre Bewohner zu provozieren.

Im Spätsommer ´32 versetzte ein „geheimnisvolles Auto“ die Bewohner der Nordstadt in Angst und Schrecken. In der Nacht zum 9. August wurde der Arbeiter Engelbert Reuter aus einem fahrenden Auto heraus angeschossen. Der Kommunist Reuter war Mitglied im Kampfbund gegen den Faschismus.

Die Presse sprach zuerst von Mafia-Methoden. Ein Drohbrief aber, beim Westfälischen Kämpfer eingegangen demzufolge der Verbrecher von heute Nacht nicht der letzte sein soll und weitere Attentate aus diesem Fahrzeug (glücklicherweise meist ohne Verletzte) rückten das Geschehene in ein anderes Licht.

Daraufhin begannen Einheiten des kommunistischen Kampfbundes gegen den Faschismus damit, die Zugänge zur Nordstadt, insbesondere die Bahnübergänge Richtung Norden und die Gegend um das Hoesch-Viertel systematisch abzuriegeln. Wichtige Durchgangsstraßen hielten sie zudem dauerhaft besetzt. Bald schon war es für Nationalsozialisten kaum mehr möglich, sich ungeschützt in die Nordstadt zu begeben. Über mehrere Wochen konnten die Kommunisten diesen „Belagerungszustand“ in der Nordstadt aufrechterhalten.
 

Warum ich heute so weit ausgeholt habe?

Zum Einen weil uns die Geschichte zeigt, welche Mittel die Nazis benutzten, und leider heute immer noch tun.

Da liefen vergangen Samstag unter einem enormen Polizeiaufgebot wieder Nazis durch unsere Stadt. Grund war das Ableben eines mehrfachen Straftäters und bekennenden Nazis, welcher von den Teilnehmern auf ekelhafte Weise heroisiert wurde.

Zum Anderen aber auch, um Mut zu machen, gemeinsam ist Widerstand möglich.

Auf den Staatsapparat können wir uns nicht verlassen, wir müssen es tun.

Nazis morden noch immer und die politische Mitte rückt nach Rechts.

Die AFD hat in 3 Bundesländern fast flächendeckend Direktmandate bei der Bundestagswahl eingefahren.

In Rechten Chatgruppen, über welche Volksverhetzung verbreitet wird, tummeln sich Teile der Polizei sowie der Bundeswehr und erst kürzlich durften wir von gleichen Vorgängen im Wachbatallion erfahren.

Jeder Angriff der Neonazis und der so genannten „Rechten“ auf Minderheiten in der Gegenwart ist auch ein Angriff auf unsere solidarische und demokratische Gesellschaft.

Wir müssen uns immer wieder mit der nötigen Vehemenz für eine Welt einsetzen, die nicht auf Ausschluss und Diskriminierung, sondern auf einem solidarischen Miteinander beruht.

Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!


 


 

Zum Abschluß unserer Veranstaltung würde ich gern mit Euch den Schwur von Buchenwald wiederholen.


Wie Ihr alle wisst, fand am 19. April 1945 in Buchenwald eine erste Trauerfeier für die Toten des Konzentrationslagers auf dem Appellplatz statt.Überlebende hatten sie im Auftrag des Internationalen Lagerkomitees organisiert. Ein in den Werkstätten des Lagers hergestellter hölzerner Obelisk diente als provisorisches Denkmal. Er trug die Inschrift „K.L.B.51.000", die geschätzte Zahl der Toten des KZ Buchenwald.
 

Nacheinander marschierten die Überlebenden nach Nationen gegliedert und in Blöcken formiert unter den Klängen des Lagerorchesters auf den Appellplatz. Auf Russisch, Polnisch, Deutsch, Französisch, Tschechisch und Englisch wurde eine vorher ausgearbeitete Gedenkansprache verlesen. Sie mündete in dem gemeinsamen Gelöbnis, welches heute als der Schwur von Buchenwald bekannt ist:

 

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung.

Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.


WIR SCHWÖREN

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