Mehr als 2 Billionen Euro Schulden!

Wer soll das bezahlen?

 

Eine Stellungnahme der Direktkandidaten der DKP Dortmund Hanfried Brenner und Nils Märtin zur Befragung Dortmunder Bundestagskandidaten zum Thema „Mehr als 2 Billionen Euro Schulden! Wer soll das bezahlen?“ von DGB und Attac Dortmund am 10.05.2021.

 

Es wird sich herausstellen, ob die Lasten der sog. Coronakrise wie von vielen beabsichtigt, der arbeitenden Bevölkerung aufgehalst werden können. Sie wird sich dagegen wehren müssen.

 

Das Beschwören des Staatsverschuldungsgespenstes hat eine lange Tradition und von interessierter Seite sind eine Menge an Mythen mit ihm verbunden worden.

 

Die anhaltende Kritik an der Staatsverschuldung beruht auf kapitalistischen Interessen: Die Besteuerung der Reichen und höhere Beiträge der Unternehmen zur Sozialversicherung werden zum Tabu erklärt. Ersteres wäre „leistungsfeindlich“, letzteres würde die „Wettbewerbsfähigkeit“ schwächen. Verteufelung der Staatsverschuldung und ihr Abbau erfordert nach dieser „Logik“ die Kürzung der Staatsausgaben, und zwar derjenigen, die den arbeitenden Menschen zugutekommen wie Sozialausgaben, Renten, Gehälter im öffentlichen Dienst. Die Angst vieler Menschen vor der eigenen Überschuldung wird geschürt und auf den Staat übertragen.

 

Einnahmen und Ausgaben des Staates und einseitige Verteilung der Steuerlast

 

Die Staatseinnahmen sind ein Teil des gesellschaftlichen Einkommens, den sich der Staat als Steuern und Abgaben aneignet und damit den arbeitenden Menschen, Selbständigen und Unternehmen nicht mehr unmittelbar zur Verfügung steht. Als Staatsausgaben tragen sie unmittelbar durch staatliche Produktion oder öffentliche Dienstleistungen oder mittelbar durch Staatsaufträge, Unternehmenssubventionen, Sozialleistungen und andere Transfers zur gesellschaftlichen Reproduktion bei. In der Klassengesellschaft entsprechen Qualität und Quantität der Einnahmen und Ausgaben dem Ergebnis entgegengesetzter Interessen zwischen Arbeitenden und Unternehmenden.

 

Das ist beispielhaft sehr deutlich geworden bei den sog. Steuerreformen der Regierung Schröder-SPD/Fischer-Grüne zugunsten der Unternehmen seit 1998:

 

Ab dem Jahr 1998 senkte die Regierung Schröder-Fischer mit der Begründung „Der Standort Deutschland soll wettbewerbsfähiger werden“ massiv die Steuern für Unternehmen und Reiche. Es wurden

*die Körperschaftsteuer (Einkommenssteuer der Kapitalgesellschaften wie AG) auf einbehaltene Gewinne gesenkt

*die Steuer auf ausländische Erträge gesenkt

*der Verkauf von Unternehmensanteilen von der Steuer befreit

*die Körperschaftsteuer auf 25 % gesenkt

*Hedgefonds und andere Heuschrecken zugelassen.

 

Das Ergebnis dieser Steuersenkungsorgie für die Konzerne ist, dass das gesamte Steueraufkommen der BRD heute zu zwei Dritteln aus Lohn-, Einkommens-, Mehrwertsteuer und Verbrauchsteuern besteht, also von den Arbeitenden aufgebracht wird.

 

Staatsvermögen - die andere Seite

 

Damit das Schuldengespenst möglichst groß erscheint, werden die Staatsschulden brutto ausgewiesen. Geldvermögen, das der Staat selbst hat, wird nicht gegengerechnet. In Deutschland hat der Staat nicht nur Kreditforderungen gegen Unternehmen, sondern er besitzt auch Aktien von Commerzbank, Telekom und Lufthansa, alle Aktien der Deutschen Bahn und neuerdings auch bei dem Impfstoffhersteller Curevac. Auch beim Staat stehen also den Schulden Vermögen gegenüber. Der Staat besitzt als Realvermögen Straßen, Schulen, Brücken, Straßen- und U-Bahnen, Kläranlagen und anderes mehr.

 

Dazu kommt das Geldvermögen des Staates. Das sind Aktien und Gelder, die er selbst an notleidende Unternehmen verliehen hat, besonders jetzt wieder in der Krise. Das Realvermögen beträgt in Deutschland zur Zeit etwa 60 Prozent, das Geldvermögen 40 Prozent des staatlichen Gesamtvermögens. Dieses staatliche Gesamtvermögen ist größer als die Staatsschulden. Ihm stehen Staatsschulden etwa in Höhe von 70 Prozent des Staatsvermögens gegenüber. Es verbleibt ein Überschuss von 30 Prozent als sogenanntes Reinvermögen. Diesem stehen keine staatlichen finanziellen Verpflichtungen gegenüber.


 

Belastung künftiger Generationen durch Staatsschulden?

Die Sorge, zukünftige Generationen würden durch Staatsschulden belastet, erweist sich so als Demagogie. Kreditfinanzierte staatliche Investitionen (Schulen, Krankenhäuser, Universitäten, Schiennetze) sind keine Bedrohung für zukünftige Generationen, denn diese „erben“ auch den Nutzen aus den betreffenden Ausgaben.

Künftige Generationen erben auch die Guthaben, die die Gläubigerinnen des Staates (Banken und Superreiche) halten. Wenn sich also eine Verteilungsfrage stellt, dann nicht zwischen verschiedenen Generationen, sondern zwischen den Steuerzahlern, die für Zinsen und Tilgung der Staatsschulden aufkommen müssen und den Gläubigern des Staates: Es sind die Reichen, die dem Staat Kredite zur Verfügung stellen und von den Zinszahlungen profitieren, während alle Steuerzahlende für die Zinszahlungen herangezogen werden.


 

Kein Schuldenabbau durch Sozialabbau

 

Von interessierten Kreisen wird in der Pandemie propagiert, dass jetzt in dieser schweren Stunde die Staatsverschuldung gerechtfertigt sei, dass aber der Staat nach der Seuche unbedingt von der Staatsverschuldung wieder runter muss. Gemeint ist: Der Staat darf sich jetzt verschulden, wenn er damit den Kapitalisten durch die Krise hilft. Können diese aber nach der Krise ihre Kredite nicht zurückzahlen, dann muss der Staat anderswo das Geld auftreiben. Am Besten beim Sozialstaat, so die unausgesprochene Vision dieser mahnenden »Experten«. Arbeiter und Arbeiterinnen sollen dann die Zeche zahlen.

 

Die arbeitenden Menschen werden sich gegen die Angriffe auf die verbliebenen Reste des Sozialstaats wehren müssen, aber auch gegen die versteckten, die sich hinter einer Kritik an der »viel zu hohen Staatsverschuldung« verbergen.

 

In diesen Abwehrkampf werden wir eingreifen und den arbeitenden Menschen zur Seite stehen! Wir fordern die Streichung der schädlichen Ausgaben des Staates für Kriegsgerät! Wir treten ein für eine dauernde höhere Besteuerung der Reichen und Konzerne! Wir wenden uns gegen die Streichung und Kürzung von Sozialausgaben!


 


 

Hanfried Brenner    Nils Märtin                      DKP Dortmund

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