Nein zur Verschärfung des
Versammlungsgesetzes
Aufruf zur Kundgebung am 27. 03. 21 in Dortmund
Inmitten einer globalen Pandemie und den damit verbundenen „Grundrechts“–Einschränkungen plant die NRW-Landesregierung ein neues Gesetz. Statt sich aber etwa um
gerechte Löhne in der Pflege oder eine Absicherung von prekär Beschäftigten und Selbstständigen zu kümmern, geht die Regierung den Weg weiterer Verschärfungen von Sanktionsmitteln und damit
einhergehend einer massiven Beschneidung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit, indem sie ein neues Versammlungsgesetz für NRWeinführen will, welches mehr legitime Veranstaltungsformate verhindern
als ermöglichen soll. Damit setzt sie den autoritären Kurs gegen jedeunliebsame Meinung fort, welcher sich schon im April 2018 mit dem neuen Polizeigesetz klar zeigte.
Es droht der Notstand für den Grundrechtsparagrafen 8, das Recht auf Versammlungen. Dieser Teil des Grundgesetzes geriet in das Visier speziell der
CDU/FDP-Koalition, welche überzogene vermeintliche
„Sicherheits“-Argumente als generellen Vorwand nutzt, um unzählige Rechtseingriffe zu rechtfertigen und Bürger:innen in ihrem Sinne möglichst weitgehend zu
entmündigen.
Konkret wird mit dem schwarz-gelben Gesetzesentwurf, der im Januar ins Parlament eingebracht wurde, der rote Teppich ausgerollt für das Verbot von fast jeglicher Art
von (unliebsamem) Protest. So soll beispielsweise schon die nicht erhebliche Störung einer Versammlung nach dem Gesetzesentwurf eine Straftat darstellen. Bei den Formulierungen bleibt sich die
Landesregierung selbst treu und setzt, wie auch schon beim neuen Polizeigesetz NRW (PolGNRW), auf diffuse Phrasen. Diese geben keine genauen Kriterien an und würden die Entscheidung, ob eine
Versammlungsbeteiligung oder Protesthandlung rechtens oder strafbar ist, in den Ermessensspielraum der Polizei legen – und Willkür so Tür und Tor
öffnen. So würde das Gesetz beispielsweise schon erlauben, Menschen, die nur mit einer Trillerpfeife neben einer Nazi-Demo stehen, um ihren Unmut zum Ausdruck zu
bringen, festzunehmen und anklagen zu lassen.
Die Beschneidung der Versammlungsfreiheit per Gesetz zeigt sich nicht nur in der Schaffung neuer Straf- und Ordnungswidrigkeitsdelikte und der Anhebung von
Strafmaßen, sondern insbesondere auch in Maßnahmen wie dem geplanten „Militanzverbot“, welches ausdrücklich darauf abzielt, weitreichend legitime Formen zivilen Ungehorsams zu verbieten, indem dem
Tragen einheitlicher Kleidung wie z.B. Maleranzügen eine Gewaltbereitschaft unterstellt wird. Und selbst friedliche Versammlungen sollen zukünftig von der Polizei sehr leicht unterbunden und
kriminalisiert werden können. Wo es bisher noch untersagt war, friedliche Versammlungen abzufilmen, sollen zukünftig unter dem Vorwand von Übersichtsaufnahmen zur Lenkung und Leitung alle
Teilnehmer:innen gefilmt werden dürfen. Darüber hinaus ist geplant, personenbezogene Daten nicht nur von Versammlungsleiter:innen sondern auch von
Ordner:innen im Vorfeld polizeilich erheben und abgleichen zu lassen. Neben der Einschränkung der einzelnen Freiheitsrechte zwingt das Organisator:innen wie
Mithelfende also voraussichtlich, bereits vorab
verbindlich festlegen zu müssen, wer bei einer Versammlung sicher anwesend ist und welche Aufgabe übernimmt.
Andere Punkte, die aktuell gültig sind, lässt der neue Entwurf allerdings vermissen. So müssten sich zivile Polizeibeamt:innen zukünftig nicht mehr bei der
Versammlungsleitung melden, sondern dürften sich verdeckt unter Versammlungen mischen. Dadurch wird das in der Verfassung vorgesehene Trennungsgebot von polizeilichen und nachrichtendienstlichen
Formen staatlichen Agierens weiter aufgeweicht und weitreichend in den Meinungsbildungsprozess einer Versammlung eingegriffen.
Die versammlungsfeindliche Haltung der schwarz-gelben Landesregierung wird auch in den Begründungen des Gesetzes deutlich. So soll das neue Gesetz die seit Ende der
80er Jahre maßgebliche Interpretation der Versammlungsfreiheit, wie sie durch das „Brokdorf Urteil“ erfolgt ist, kassieren. Diesem Urteil des Bundesverfassungsgerichts folgend müssen Versammlungen
grundsätzlich staatsfreien Charakter haben und dürfen nicht durch staatliche Überwachungsmaßnahmen eingeschüchtert oder
anderweitig beeinflusst werden. Das Bundesverfassungsgericht maß Versammlungen eine zentrale Bedeutung für die parlamentarische Demokratie bei, insofern sie als „ein
Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren“ bezeichnet wurden. In der Begründung des
Gesetztesentwurfs wirft die CDU/FDP–Koalition dem Gericht allerdings vor, einer „Überrepräsentation von Versammlungsereignissen“ aufgesessen zu sein. Dies macht deutlich, dass es bei Weitem nicht um
kleinere Änderungen an bestehenden Regelungen des Versammlungsrechts geht. Vielmehr stellt das geplante Gesetz in NRW einen Frontalangriff auf die grundgesetzlich verankerte Versammlungsfreiheit im
Ganzen dar – durch die Einschränkung, Bestrafung und Verunmöglichung derselben.
Dieser beabsichtigte Angriff auf die Versammlungsfreiheit ist nicht tolerierbar!
Ein solcher Demokratieabbau in anderen Ländern wird durch deutsche Politiker:innen und Parteien – absolut zurecht – fortwährend alsautokratisch bezeichnet und
angeprangert. Daher kann es nicht sein, dass mitunter dieselben Parteien nun hierzulande die Versammlungsfreiheit als Grundrecht in einer so massiven Form beschneiden wollen! Dies käme einem
Demokratieverfall wie in Polen oder Ungarn gleich.
Wir fordern daher: Keine versammlungsfeindlichen Eingriffe in unsere Grundrechte! Versammlungen sind Basis der politischen Meinungsbildung und dürfen nicht
auf eine solche Weise eingeschränkt werden!
Kommt deshalb zur Dortmunder Kundgebung gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes:
27.03.2021 | 17:00 Uhr | Reinoldikirche (Nordseite)
Gemeinsam werden wir uns diesem Entwurf entgegenstellen.
Dortmunder Bündnis gegen die Verschärfung des Versammlungsgesetzes
