Zu den Seiten der Stadtteilgruppen Ost, Süd und West:
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Liebe Anwesende, sehr geehrte Damen und Herren,
Ich freue mich, dass ich heute als Vertreterin der DKP Dortmund zu Ihnen und zu euch sprechen darf.
Am 16. Oktober 1932, heute vor 86 Jahren, zieht eine ca. 800köpfige SA-Formation in einem Propagandamarsch zum Nordmarkt. Die braunen Uniformträger fordern damit die in der Nordstadt stark vertretene kommunistische Organisation „Kampfbund gegen den Faschismus“ und das sozialdemokratische “Reichsbanner“ heraus.
Es kommt zu einer Schießerei, der sogenannten „Schlacht am Nordmarkt“ zwischen SA, Arbeitern und der Polizei. Opfer der Polizeikugeln werden allerdings nur unbeteiligte Anwohner und Passanten: Eine Mutter in ihrer Wohnung und ein ahnungsloser Kirchgänger. 14 Menschen werden zum Teil schwer verletzt. Dies Mahnmal auf der Südseite des Platzes erinnert heute an die Naziprovokation.
Zur Erinnerung an diese Ereignisse sind wir hier zusammengekommen.
Unser heutiges Gedenken ist aktueller denn je:
Wir erleben ein Erstarken teilweise offen faschistisch auftretender Kräfte in allen Bereichen unserer Gesellschaft.
Vor zwei Jahren scheiterte der Versuch, die NPD in einem zweiten Anlauf zu verbieten. Die Begründung der Karlsruher Richter lautete, die NPD sei zwar verfassungsfeindlich, jedoch zu unbedeutend, um ein Verbot zu rechtfertigen. Dies kann geradezu als Freibrief für die menschenverachtende Hetze der heutigen Nazis verstanden werden.
Zudem ist mit der AfD eine neue offen rassistisch auftretende extrem rechte Partei in zahlreiche Parlamente eingezogen. Auf der Straße wird die AfD von der Pegidabewegung und ähnlichen dumpf-völkischen Strömungen begleitet.
Durch ihr offensives Auftreten treibt die AfD andere Parteien vor sich her, was zu weiterem Rassismus und zu weiterer Ungleichheit führt.
Was von außen wie ein Possenspiel wirkte und zu einer politischen Krise der Großen Koalition führte, war der Versuch Horst Seehofers, in seinem Wahlkampf die vermeintliche „Volksmeinung“ aufzugreifen und die deutsche Asylpolitik – falls sie diesen Namen überhaupt noch verdient – noch rassistischer zu gestalten als sie sowieso schon ist und die Grenzen für Geflüchtete komplett dicht zu machen.
In diesem Jahr konnten wir erleben, wie der oberste Hüter unserer Verfassung, Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen, bei einer Hetzjagd von Neonazis auf Migrantinnen und Migranten in Chemnitz keine Nazis erkennen wollte.
Ebenso schützte er die AfD vor einer Beobachtung ihrer rechten Umtriebe und mutmaßte eine linke Verschwörung in der Großen Koalition.
Statt diese Absurditäten sofort und konsequent zu maßregeln, sollte Maaßen zunächst befördert werden, was nur durch eine aufgebrachte Öffentlichkeit verhindert werden konnte.
Wen wundert es, dass auch in der Bundeswehr ein rechtes Terrornetzwerk aufgedeckt wurde. Rechtsextreme wie Franco A. - wir erinnern uns, er hatte unter falscher syrischer Identität Anschläge geplant, die dann Geflüchteten in die Schuhe geschoben werden sollten – haben sich bewaffnet, Todeslisten erstellt und sich offenbar auf einen Tag X vorbereitet, möglicherweise, um die Macht im Lande zu übernehmen.
Wir wissen, dass in unserem Land aktuell etwa 12.000 teilweise schwer bewaffnete Reichsbürger leben. Diese erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht an, sondern berufen sich unter anderem auf das Deutsche Reich in den Grenzen von 1937.
Hinzu kommen um die 4.000 untergetauchte, also in der Illegalität lebende, militante Neonazis in der Bundesrepublik. Diese werden lediglich mit einem regulären Haftbefehl und nicht mit erhöhter Dringlichkeit gesucht, wie es ansonsten bei Terrorverdächtigen üblich ist.
Eine Verstrickung des Staates und seiner Organe in die NSU-Mordserie ist offensichtlich, aber immer noch nicht aufgeklärt.
Bei uns in Dortmund gibt es eine unterschwellige Duldung der Neonazi-Szene um die Partei „Die Rechte“ insbesondere in Dortmund. Neonazis, die der Vorläuferorganisation der Partei „Die Rechte“, also dem Nationalen Widerstand Dortmund, verbunden waren, verübten in den vergangenen Jahren allein fünf politische Morde und diverse schwere Straftaten. Aktuell versuchen die Dortmunder Neonazis wieder, im Stadion Fuß zu fassen und sich unter die BVB-Ultras zu mischen.
Das erstarkende rechte Selbstbewusstsein in unserem Land führte bereits zu einem drastischen Anstieg von Brandanschlägen und rassistischer Gewalt, bei denen sich die Täter auf den vermeintlichen „Volkswillen“ berufen.
Wissenschaftliche Umfragen zeigen, dass vor dem Hintergrund einer wirtschaftlichen Krise und einer Verunsicherung breiter Bevölkerungsteile eine zunehmende Verrohung gerade der so genannten Mitte der Gesellschaft stattfindet, mit einer Abwertung von allen, die „anders“ und nicht im Sinne des herrschenden Profitprinzips verwertbar sind.
Hier kommen dann die organisierten und unorganisierten Rechtsextremen ins Spiel, die solche Stimmungen gezielt schürt und vorantreiben
Diese gegenwärtigen unhaltbaren deutschen Zustände müssten – 86 Jahre nach den Ereignissen auf dem Nordmarkt - eigentlich undenkbar sein.
Ich möchte ihnen mit einem Zitat des ersten Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens, Rudolf Amelunxen, begegnen.
Es stammt aus einer Rede, die er im Oktober 1946 hielt.
Amelunxen sagte:
„Es gibt keine größere Kulturschande als die Jagd auf Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Gemeinschaften.
Ob geburtsmäßig natürliche Abstammung oder bewusstes Bekenntnis, ob rassische, nationale, politische oder religiöse Bindungen für solche Gemeinschaften entscheidend sind, das ist letzten Endes gleichgültig, weil jeder einzelne Mensch in seinem einmaligen Dasein und Sosein geschützt und gefördert werden muss. (...)
Man erlebt heute bei manchen Zeitgenossen eine fast unglaubliche Fühllosigkeit und Verhärtung. All denen, die den Schandtaten und Verbrechen der Vergangenheit das richtige Verständnis noch nicht entgegenbringen, müssen wir mit wachrüttelnder Aufklärung und eindeutigen Feststellungen entgegentreten. (...)“
Seine Worte sollten uns ebenso wie der Widerstand der Anwohnerinnen und Anwohner des Nordmarktes in der Vergangenheit – ein Vermächtnis sein.
Humanismus und Menschlichkeit müssen insbesondere in der heutigen Zeit gegen dumpfen Rassismus und die Abwertung vermeintlich „Anderer“ gestellt werden.
Jeder Angriff der Neonazis und der so genannten „Rechten“ auf Minderheiten in der Gegenwart ist auch ein Angriff auf eine solidarische und demokratische Gesellschaft, in der alle in Vielfalt und ohne Angst leben können.
So müssen wir uns immer wieder mit der nötigen Vehemenz für eine Welt einsetzen, die nicht auf Ausschluss und Diskriminierung, sondern auf einem solidarischen Miteinander beruht.
Dass dies nicht innerhalb einer kapitalistischen Gesellschaft möglich ist, sondern dass dafür erst die bestehenden Herrschaftsverhältnisse überwunden werden müssen, ist unsere Grundüberzeugung.
Um eine solche Zukunft zu ermöglichen, ist unser aller Engagement gefordert!
Nordmarktgedenken 2016
"Als die Faschisten hier auf Widerstand stießen, half ihnen bereitwillig die Polizei wie sie es auch heute immer wieder und wieder tut."
Am 29. Oktober veranstaltete die Stadtteilgruppe Nord der DKP - wie es nun schon über viele Jahre Tradition ist, auf dem Nordmarkt eine antifaschistische Kundgebung zum Gedenken an den "Blutsonntag" vom 16. Oktober des Jahres 1932. Damals waren die Faschisten der NSDAP unter Polizeischutz in das Arbeiterviertel um den Nordmarkt marschiert.
(12.04.2016) Am Sonntag, den 10. April um 14:00 Uhr versammelten sich auf dem Nordfriedhof am Grabmal der im März 1920 im Kampf gegen den Kapp-Putsch gefallenen Widerstanskämpfer ca. 30 Mensche . Die eindrucksvolle Grabstätte war einst von der KPD errichtet worden. Ein Vertreter der DKP schilderte in einem > Redebeitrag < die damaligen Ereignisse. Insbesondere würdigte er den machtvollen Widerstand der Arbeiterklasse, durch den die rechten Putschisten in kurzer Zeit zum Rückzug gezwungen werden konnten. Im Anschluss an die Rede legten die Kundgebungsteilnehmer an dem Grabmal zu Ehren der gefallenen Arbeiter ein Blumengebinde und viele roten Nelken nieder.
>> Fotostrecke vom Kapp-Putsch-Gedenken <<
Auf der Gedenkkundgebung im Südpark in Lünen für die Kriegs- Endphasenopfer aus Lünen am Karfreitag 2016 sprach Katrin Rieckermann vom Förderverein Steinwache Dortmund.
Die Kundgebungsteilehmer auf dem Nordfriedhof
trotzten Kälte und Regen
Am Samstag, 21.3.2015, legten Vertreterinnen und Vertreter der DKP Dortmund um 14:00 Uhr auf dem Nordfriedhof, Eingang Osterfeldstraße, am Grabmal der Kommunisten einen Kranz nieder. Im Rahmen einer Gedenkstunde wurde an den Widerstand von Dortmunder Arbeitern gegen den Kapp-Putsch erinnert. Der Putsch gegen die junge Weimarer Republik begann am 13.3.1920 und wurde von Teilen der Reichswehr sowie von Freikorps geführt, sein Ziel war die Errichtung einer Militärdiktatur. Gegen die Gewalt und gegen den Terror der Putschisten kam es zum Generalstreik. Ebenfalls formierte sich bewaffneter Arbeiterwiderstand. Bei den Kämpfen gegen die Putschisten, in denen die Verteidiger der Republik schließlich siegten, fielen in Dortmund 12 Arbeiter. Günter Gleising, Kummunist und Ratsherr aus Bochum, der zu den Ereignissen ein Buch vefaßt hat, skizierte die damaligen Kämpfe und er zeigte ihre Bedeutung für uns Heutige auf. Andreas Müller von der Dortmunder Geschichtswerkstatt wieß darauf hin, dass damals auch viele Mitglieder der anarchosyndikalistischen Freien Arbeiterunion mitkämpften. Die ca 30 Kundgebungsteilnehmer ließen sich von Kälte und Regen nicht abschrecken.
Von Irina Vellay
Der nachfolgende Text ist die Einleitung zur Diskussionsveranstaltung: "Soziale Stadt" – Die Nordstadt gehört uns allen! auf dem uz-Pressefest in Dortmund am 26. 06. 2011
Vor zwei Jahren haben wir über Dortmund als "Soziale Stadt" diskutiert. Seither hat sich die soziale Lage nicht gebessert, sondern ist für viele prekärer denn je.
Ein paar Schlaglichter mögen als Hinweise genügen:
Die Nordstadt gilt als Sorgenkind. Folgt man OB Sierau, dann hätte die Nordstadt aber das Potenzial wie das Kreuzviertel, "Karriere" zu machen. Und er hatte auch gleich eine schöne neue Welt im Gepäck, um die "Stadt in der wir leben wollen" zu beschreiben: drastische Ausweitung der den Stadtteil hoch belastenden Logistikindustrie auf dem Gelände der Westfalenhütte (45 ha), die Nordstadt profitiere durch die Verbesserungen im Bahnhofsumfeld – das jüngste Geschenk ist die Verlagerung des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB) auf die Nordseite, es gäbe zudem privates Interesse für ein Hotel auf der Nordseite des Bahnhofs und die Gastronomie dränge an das Wasser des Hafen …
Bei solchen Aussichten – die Nordstadt als "Kreuzviertel" – fragt man sich, was eigentlich den aktuellen öffentlichen Aufruhr verursacht? Scheinen doch, glaubt man den Medien, die Konflikte in der Nordstadt überzuborden.
Mit großer Verve wurde der erst vor einigen Jahren institutionalisierte Straßenstrich geschlossen: Wenn die erstmal "weg" sind, sei ein großes Stück geschafft! Die Polizei legt noch etwas drauf und verstärkt die Praxis der großflächigen "Straßenrazzien", wie sie sonst kein anderer Stadtteil kennt. Die Presse ist gleich mit dabei, um den "Jagderfolg" live zu präsentieren. (vor allem Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Ordnungswidrigkeiten im öffentlichen Raum und Straßenverkehr, Taschendiebe, Anbahnung von Prostitution, Verdacht auf illegalen Aufenthalt und Schwarzarbeit u.ä.m.). Die Hatz auf Menschen hat in den vergangenen zwei Jahren ungeahnte Dimensionen angenommen. Besonders die Nordstädter/innen scheinen "Problembären" zu sein.
Bei diesem auffälligen Engagement fällt ins Auge, dass kaum über die eigentlichen Probleme der Nordstadt gesprochen wird.
Die Nordstadt trägt seit ihrer Entstehung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den größten Teil der Belastungen aus der Entwicklung der Stadt – zunächst als Industriestadt und heute die Folgen von Globalisierung und Neoliberalismus. So gibt es in der Nordstadt immer schon die schlechteste Luft in der ganzen Stadt und die Feinstaubbelastung ist besonders hoch. Der Stadtteil mit den meisten Kindern ist hochgradig durch Verkehr und Lärm belastet. Hier sind die Kinder einerseits am meisten z. B. durch Unfälle gefährdet und andererseits sind die Startchancen der Kinder für ein gelingendes Leben besonders schlecht. Nicht zuletzt weil Armut und Unterversorgung verbreitet sind. Dies ist nicht wirklich neu, außer dass die Verschlechterungen deutlich zugenommen haben.
Angesichts der Beobachtungen stellt sich die Frage: Warum gibt es gerade jetzt diesen Alarmismus in der Politik, als ginge morgen die Stadt unter?
Meine These ist, dass wir es offenbar mit einer neuen Phase im Austarieren des Verhältnisses von Nordstadt als "schlechter Stadt" und vor allem den südlichen Stadtteilen als "guter Stadt" zu tun haben. Wie in jedem Krieg – immerhin geht es um Ressourcen - wird auch hier viel Propaganda eingesetzt.
Die Entwicklung gibt wenig Anlass zu Optimismus. Die Gründe liegen auf lokaler Ebene darin, dass die neoliberale Stadtentwicklungspolitik der Langemeyer-Sierau-Ära gescheitert ist. Das dortmund-project hat die Erwartungen nicht erfüllt. Von den angekündigten 70.000 Arbeitsplätzen bis 2010 und der Verdoppelung der Wertschöpfung pro Einwohner/in sind wir weit entfernt. Gerade einmal 1500 neue Arbeitsplätze werden dem dortmund-project zugerechnet. Die Projektentwicklung über Baukräne im Verein mit der örtlichen Baumafia hat dagegen viel zur weiteren Ausplünderung des kommunalen Haushalts beigetragen.
Der kommunale Haushalt scheint ein Schlüssel zum Verständnis des Klassenkampfes "von oben" zu sein. Seit den 90er Jahren gibt es eine enge Zusammenarbeit der Verwaltung mit der Bertelsmann-Stiftung, welche u. a. auch das neue "Steuerungsmodell" mit der kaufmännischen Buchführung als Mittel der Wahl favorisiert hat. Diese Umstellung ermöglichte erst die aktuelle exorbitante Verschuldung, weil Buchwerte für Sachvermögen festgelegt wurden, die dann auf dem Kapitalmarkt beliehen werden konnten. Das war auch der Sinn – man konnte so für ein weiteres Jahrzehnt die Stadt trotz der strukturellen Unterfinanzierung mehr schlecht als recht "flüssig" halten. Dafür gehört der Stadt heute faktisch nichts mehr, sondern alles ist ins Eigentum der Banken übergegangen. Die kurzfristigen Liquiditätskredite (kommunaler DISPO) sind von 79 Millionen Euro in 2001 auf geplante 1,24 Mrd. Euro in 2011 angestiegen. Die Verschuldung hat von 1.05 Mrd. Euro (ohne Kassenkredite) im Jahr 2000 auf insgesamt 2.16 Mrd. Euro am 31.12.2009 zugenommen. Dies ist nicht nur etwa gestiegenen Sozialausgaben geschuldet, sondern auch Leuchtturmprojekten wie zuletzt dem Dortmunder U, bei dem heute noch niemand weiß, was es am Ende kosten wird.
Im vergangenen Jahr legte der Envioskandal brutal offen, welche neuen Dimensionen der Ausverkauf des Gemeinwesens durch Politik und Verwaltung mittlerweile erreicht hat, um "Prosperität" zu simulieren und welche Schäden für Menschen und Umwelt billigend in Kauf genommen werden. Das Gelände der PCB-Entsorgungsfirma ist bis heute verseucht.
Da ist es verführerisch, nach der Sündenbockmethode zu greifen. Der offene Rassismus gegenüber als minderwertig erachteten Menschen und Minderheiten spricht hier eine deutliche Sprache. Das Propagandagetöse übelster Sorte und der Politikwechsel zur "harten Hand" sollen offenbar helfen, drastische Verschlechterungen in den Lebensbedingungen der Nordstädter/innen, wie sie aus solchen Geschäftsmodellen wie bei Envio herrühren und wie sie sich durch die fortgesetzte Umverteilung von "unten" nach "oben" – und nicht zuletzt aus der Überbürdung der Lasten der Stadtentwicklung auf die Nordstadt ergeben, durchsetzbar zu machen. Hierfür bereitet die verschärfte öffentliche Kontrolle und Repression das Feld. Der martialische Gestus eines OB Sierau, der mit dem Dampfstrahler wie weiland Sarkozy die Nordstadt "kärchert", simuliert wiederum gegenüber der eigenen Wähler/innenklientel Handlungsfähigkeit.
Was viel schwerer wiegt – es lenkt von den negativen Verschiebungen zuungunsten der Nordstadt im Kampf um die Verteilung der Ressourcen des Gemeinwesens ab.
Was Tun?
Dieser neuen alten Frage widmete sich die Podiumsdiskussion mit lokalen Bewegungsaktivist/innen. Was tun, wenn der Sozialkonsens in der Stadt längst aufgekündigt wurde. Wenn alle Bemühungen die politisch Verantwortlichen in die Pflicht zu nehmen ins Leere laufen? Diese Ausgangslage zeigt zunächst, dass das "Durchregieren von oben" nicht mehr wirklich greift. Überall brechen Widersprüche auf und die Sperrigkeit in Alltagskonflikten nimmt zu. Es gilt die aufscheinenden Brüche zu nutzen und Sand in das Getriebe des "business as usual" zu bringen. Mit dem Glaubwürdigkeitsverlust vergrößern sich die Risse zwischen regierenden Eliten und den Menschen im Stadtteil. Damit wächst der Spielraum für widerständiges Eingreifen. Es kommt darauf an eine Sprache des Widerstandes zu finden: ein Garten als Eingang zur Nordstadt, statt Beton plus Bundespolizei!
Irina Vellay, Jg. 1961, Dipl.-Ing., Tischlerin, Studium von Architektur und Stadtplanung
"Der Oberbürgermeister will in der Nordstadt aufräumen!"
Die Lokalmedien haben in großer Aufmachung berichtet, dass der Oberbürgermeister der Stadt, Ullrich Sierau, SPD, mit Unterstützung der CDU jetzt in der Nordstadt "aufräumen" will und wird. Dazu eine Erklärung der Stadtteilgruppe Nord der DKP Dortmund:
Dortmunder Nordstadt - Wie der Kapitalismus einen ganzen Stadtteil zerlegt
"Aufräumen" will der Oberbürgermeister in der Nordstadt, "heruntergekommene Bewohner" räumen lassen. Unterstützung bekommt er dabei von der CDU, die will zusätzlich noch "energisches Einschreiten". Es besteht die Angst, dass „ganze Dörfer aus Bulgarien und Rumänien“ nach Dortmund kommen.
Wird bald wieder mit eisernen Besen gekehrt?
Es ist eine schlimme Hetze, die hier gegen die Opfer des Kapitalismus gefahren wird. „Aufräumen“ sollten wir ab und zu im Kleiderschrank und nicht unter Menschen, die sich eben diesen nicht leisten können. „Energisches Eingreifen“ wünschen wir uns gegenüber denjenigen, die mit ihrer Spekulation mit Nahrungsmitteln Millionen Menschen an den Rand ihrer Existenz bringen.
Womit wir beim Kern der Sache wären: Wer will den „ganzen Dörfern aus Bulgarien und Rumänien“ denn verdenken, dass sie ihre Heimat verlassen, um Arbeitslosigkeit (die ist da bei 90 %) und Hunger (100 % übrigens) zu entfliehen. „Heruntergekommene Bewohner“ sollen aus ihren Unterkünften vertrieben werden, aber wir erfahren nicht, wo diese Menschen dann wohnen sollen. Eventuell sollten ein paar moralisch heruntergekommene Lokalpolitiker mal für ein Jahr nach Bulgarien geschickt werden, wo sie dann mit einem Euro am Tag auskommen müssen (ohne Klo und Heizung, es wäre sonst nicht authentisch).
Wir sind der Überzeugung, dass dieser kapitalistischen Ordnung der Kampf angesagt werden muss und nicht den Opfern von Ausbeutung und Spekulation. Nur wenn wir die Ursachen von Arbeitslosigkeit, Armut und Hunger beseitigen, nicht nur hier in der Nordstadt, sondern weltweit, dann können wir die menschenunwürdigen Zustände beseitigen, unter denen viele Menschen auch hier zu leben gezwungen sind. Es sind die Parteien, in denen OB Sierau und Frau Krause Mitglieder sind, die für diese Zustände die politische Verantwortung in Deutschland tragen. Es ist zynisch, wie die Lokalpolitiker jetzt die Opfer ihrer eigenen Politik angreifen und leiden lassen, am liebsten wegsperren oder vertreiben wollen.
DKP Stadtteilgruppe Dortmund-Nord
28.01.2011